Der GP Bern aus ASICS FrontRunner-Sicht

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Martina Dannheimer, seit 2017 ASICS FrontRunner, beschreibt wie sie an ihrem ersten, sicher aber nicht letzten, Grand Prix von Bern teilgenommen hat.
Meine ersten 10 Meilen. Die schönsten der Welt. Beim Grand-Prix Bern.
Ich glaube, es waren gerade einmal vier Minuten – inklusive ein paar Sekunden andehnen. Danach ziehe ich noch ein paar Mal meine Knie nach oben. Das war‘s. Mein Warm-Up gestaltet sich heute eben ein bisschen kürzer als sonst. Mir ist mega heiß, ich habe Durst und Kopfschmerzen – obwohl ich die wohl einzige Frau bin, die nie Kopfschmerzen hat. Doch auch, wenn sich das gerade anders anhört: Ich bin super drauf, habe richtig Bock, jetzt gleich die 10 Meilen beim Grand-Prix Bern zu rennen.
Wie schnell das heute sein wird, ich habe keine Ahnung. Vor 13 Tagen bin ich in Düsseldorf Marathon gelaufen, vor 6 Tagen 13 Kilometer beim Wings for Life-Run. Dazu habe ich gestern und heute auf der Sport Expo gearbeitet – am ASICS Stand, wo ich „Pace your Race-Bändchen“ aushändigte. Es bereitete mir riesengroßen Spaß, doch die optimale Pre-Race-Situation sieht anders aus. Aber völlig wurscht. Mein einziges Ziel heißt heute: Spaß haben.Kurz vor dem Start bin ich dann doch etwas am Grübeln. In unmittelbarer Nähe steht der Pacemaker für 1:15 Stunden. Soll ich‘s probieren? Bei der Anmeldung, vor vielen Wochen, gab ich eine Zielziel von 1:12 Stunden an. Allerdings hatte ich Trollo vergessen, die Ausschreibung zu lesen – und wusste daher nicht, dass die Strecke mit vielen Höhenmetern gespickt ist. Somit erschienen mir selbst die 1:15 utopisch, ich wollte dennoch ein Weilchen dem Pacemaker mit seinem blauen Luftballon hinterher laufen.Gestartet wird beim Grand-Prix Bern in Etappen. Bei über 30.000 Startern ginge das auch gar nicht anders. Als ich über die Startlinie renne, bewegen sich meine Mundwinkel ganz automatisch nach oben. Ich laufe mein zweites Rennen in diesem Jahr. In der Schweiz. Als ASICS FrontRunner Switzerland. Nicht, dass es mir ohne diesen Titel weniger Freude machen würden, aber irgendwie bewegt mich das heute zusätzlich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und: Schon nach wenigen Metern stelle ich fest, dass mein Kopfweh verschwunden ist. YES.Ebenfalls nach wenigen Metern geht es bergab. Den Aargauerstalden hinunter. Die ziemlich knackige Abwärts-Passage bereitet mir schon mal einen Vorgeschmack für den Endspurt. Denn kurz vor Kilometer 15 dürfen wir diesen Stadtberg wieder hinauf rennen. Wie frisch man sich bei Kilometer 15 fühlt – bei einem 16,093 Meter-Lauf – das kann ich mir jetzt schon denken. Dass ich mir deshalb während des Rennens Kräfte spare, sehe ich aber nicht ein. Irgendwie komme ich den Heartbreak Hill schon wieder hoch.Ähnlich wie beim Düsseldorf Marathon lasse ich nach ein paar Kilometern abreißen. Zwar ist mein Pacemaker in Sichtweite, ich habe aber einige Meter Abstand. „Die 1:15 sind womöglich doch zu schnell“, sinniere ich ein paar Minuten, lasse mir aber in keinster Weise die Laune verderben. Schließlich laufe ich zum ersten Mal in meinem Leben 10 Meilen im Wettkampf – eine Messelatte oder Bestzeit habe ich ja eh nicht.Die Strecke ist echt anspruchsvoll: Viele Kurven, Kopfsteinpflaster, permanent geht es bergauf, bergab. Und es macht so einen Riesenspaß. Nicht zuletzt, weil die Stimmung an der Strecke einfach gigantisch ist. Nur an wenigen Abschnitten stehen keine Zuschauer, die uns zujubeln, uns anfeuern. Kurz vor der Halbzeit rennen wie einen Waldweg hinauf, im Dälhölzliwald.Irgendwie bin ich wieder „voll dabei“. Sprich: Ich laufe fast neben meinem Pacemaker. Meine Beine fühlen sich super an, auch die Kondition macht mit. Die Hitze vergesse ich fast. Als es auf einmal zum Tröpfeln anfängt, feiere ich den Regen. So richtig nass wird es jedoch nicht. Ich greife bei jedem Verpflegungsstand zu: Wasser über den Kopf, Isodrink in die Kehle. Leider habe ich kein Gel und keinen Gel-Chip dabei. Zugegeben, ich war nicht ganz sicher, ob ich auf dieser Distanz überhaupt Nahrungs-Support brauche. Ein Gel-Chip wäre aber super gewesen – ich habe ihn blöderweise daheim vergessen. Egal jetzt. Wir passieren gerade auf einem orangefarbigen Teppich das Bundeshaus. Der GP Bern ist ein richtiger Sightseeing-Run.
Bei Kilometer 13 bin ich ganz schön am Kämpfen. Ich habe den 1:15-Pacemaker gerade überholt und will nun einfach rennen, was das Zeug hält. Kann ich die (für mich) hohe Geschwindigkeit halten? Ich fühle mich jedenfalls stark – mental und körperlich. Und da, es ist wohl einer meiner emotionalsten Laufmomente: Mitten in der Altstadt höre ich auf einmal den Moderator sagen: „Wir begrüßen Martina Dannheimer, ASICS FrontRunner Switzerland…“.Erst denke ich, ich halluziniere. Ich in einem Land, das nicht mein Heimatland ist. Eine Stadt, die ich noch nie zuvor besuchte. Und in der Laufszene bin ich ja komplett unbekannt. „Wow“, denke ich einfach und kämpfe minutenlang mit den Tränen. Diese Emotionen gepaart mit meiner Atemlosigkeit führen fast zur Hyperventilation – zum Glück nur fast. Ab jetzt weicht mir mein fettes Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Erneut höre ich, wie ein anderer Moderator sagt: „Es gibt Läufer und Läuferinnen, die sogar bei Kilometer 13 und 14 noch lachen.“Als ich über die Nydeggbrücke renne, sehe ich ihn vor mir: den Aargauerstalden. Jetzt heißt es nochmals alle Reserven zusammensammeln. Gepusht vom sensationellen Publikum laufe ich, so schnell es geht. Und es geht noch verdammt gut. Dass ich völlig platt bin, ignoriere ich. Als neben mir am Straßenrand ein kollabierter Läufer betreut wird, versuche ich, stark zu bleiben. So etwas zu sehen, setzt mir zu. Ihm wird geholfen – und es würde ihm hingegen nicht helfen, wenn ich jetzt einen mentalen Einbruch bekomme. Mit diesen Gedanken kämpfe ich mich weiter nach oben. Die Zuschauer sind unfassbar genial.

Geschafft. Jetzt ist es nur noch ein guter Kilometer bis zum Ziel. Da es leicht bergab geht, lasse ich es einfach laufen. Ich kann mein Tempo beschleunigen, einige Läufer einsammeln. Fast fliege ich über den Asphalt. Als ich das Ziel sehe, lege ich erneut einen Zahn zu. „Martina… am Strahlen“, höre ich es aus dem Mikrofon. Jawohl, mit einem riesengroßen Strahlen beende ich mein Rennen. In 1:13:54 h. Überglücklich springe ich mit meinen lieben Teamkolleginnen Miriam und Stefanie für ein Finisher-Foto in die Luft. Danke Bern, für diese 10 Meilen. Die schönsten 10 Meilen der Welt. Davon bin ich überzeugt.

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