Die faszinierende Geschichte von ASICS & Onitsuka Tiger (Teil 1)

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Der Weg des Tigers
Die Geschichte von ONITSUKA TIGER beginnt 1949 in Japan.  Kihachiro Onitsuka  hatte bereits ein recht abenteuerliches Leben hinter sich als er im Alter von 31 Jahren eine neue Lebensphase beschritt. Nach dem zweiten Weltkrieg war Onitsuka erschüttert über die depressive Lage, besonders der jungen Menschen in Japan. Sie hatten  ihre Häuser und Familien verloren  und konnten wenig Hoffnung in die Zukunft setzen. Er war der festen Überzeugung, dass Sport einen wesentlichen Beitrag zum Wiederaufbau der japanischen Gesellschaft leisten könnte und den Menschen wieder eine Perspektive aufzeigen würde.

Nach Jahren im militärischem Dienst und einer Anstellung bei einer Firma, die Bier kaufte und auf dem Schwarzmarkt verkaufte, begann er in einer kleinen Werkstatt in Kobe seine ersten Sportschuhe zu entwickeln. Schon kurze Zeit später gründete er die Onitsuka Co. Ltd. aus der im Laufe der Zeit einer der grössten Sportartikelhersteller der Welt wurde: ASICS.

Entscheidend für die Erfolgsgeschichte ist die simple Unternehmensphilosophie des Kihachiro Onitsuka: Gute Sportschuhe entstehen nur im Dialog mit dem Sportler.

Und so sind, dem Prinzip des Kaizen – dem Streben nach stetiger Verbesserung – folgend, die innovativsten und funktionellsten Schuhe entstanden, die tiefe Spuren in der Geschichte der Sportschuhentwicklung hinterlassen haben.

Basketballschuhe
Anfang der 50er Jahre  war die Herstellung von Basketballschuhen eine der grössten Herausforderungen für einen Sportschuhhersteller, da die schnellen Richtungswechsel, Stopps und Drehungen höchste Anforderungen an die Schuhe stellten.

Yukio Matsumoto, Cheftrainer des Kobe High School Basketball-Teams, überredete Onitsuka, Basketball-Schuhe herzustellen. Er war der festen Überzeugung, dass sich Basketball in Japan, ähnlich wie in den USA,  bald zu einer populären Sportart entwickeln würde. Onitsukas erstes Schuhdesign ähnelte jedoch eher einer Sandale aus Stroh  als einem Basketball-Schuh und verständlicherweise weigerten sich die Spieler, diese zu tragen.

Onitsuka folgte dem Ratschlag, die Spieler beim Training und Spiel zu beobachten, die Bewegungsabläufe genauestens zu studieren und die Spieler nach ihren Anforderungen zu befragen. Schnell kristallisierte sich heraus, dass die Sohle eine zentrale Rolle spielen würde.

Saugnäpfe
Im Sommer des Jahres 1951, während eines Urlaubs am Meer, fiel Herrn Onitsukas Blick auf einen Teller mit eingelegtem Gemüse und Octopus-Tentakeln. Und plötzlich hatte er die Lösung nach der er so lange gesucht hatte: die Saugnäpfe des Octopus. Er adaptierte die Funktion der Saugnäpfe für die Sohlen seiner Basketball-Schuhe.

In einem ersten Test mit Basketballspielern erwies sich diese Sohle allerdings als eine Spur zu wirkungsvoll: Die ausserordentliche Griffigkeit der Sohle brachte die Spieler reihenweise zu Fall. Onitsuka passte die Form der Saugnäpfe den Anforderungen entsprechend an und hatte damit endlich sein Ziel erreicht: Basketball-Schuhe, die schnelle Stopps und Starts ermöglichten ohne zu rutschen und damit das Spiel erheblich schneller machten.
Die Unterstützung der Trainer und Spieler erwies sich als entscheidend für Onitsukas Erfolg, denn ihre Begeisterung für seine Schuhe überzeugte die Händler, eine bis dahin noch unbekannte Marke in ihr Sortiment aufzunehmen. Mit der zunehmenden Popularität seiner Basketballschuhe wuchs auch Onitsukas Wunsch, seine Marke stärker im Markt zu etablieren.

Blasen
Anfang der 50er Jahre widmete er sich verstärkt der Entwicklung von Laufschuhen und suchte auch hier den Dialog mit den Athleten. In Zusammenarbeit mit dem hervorragenden Marathonläufer Tooru Terasawa schuf er ein innovatives Schuhkonzept, um die leistungshemmende Blasenbildung zu verhindern.  Das Luftkühlungssystem von Motorrädern diente ihm dabei als Inspiration. Er verwendete grob gewebtes Tuch als Obermaterial für seine Schuhe und integrierte vorne und an den Seiten mehrere Löcher, um die Atmungsaktivität der Schuhe zu verbessern. Zudem entwickelte er eine zweilagige Sohle, die den Aufprall abfederte. Terasawa probierte die Schuhe aus und absolvierte die Marathonstrecke zum ersten Mal ohne Blasen.

Abebe Bikila
1956 waren Onitsukatiger-Schuhe bereits so populär, dass ein Modell als offizieller Olympiaschuh auserwählt und von zahlreichen Athleten in Melbourne getragen wurde.

Als Onitsuka allerdings sah, dass der Äthiopier Abebe Bikila den Marathon barfuss laufend gewann, fürchtete er um den Fortbestand seiner Firma. Im folgenden Jahr nutzte er die Gunst der Stunde und fing Abebe vor einem Marathonstart in Japan in seinem Hotel ab. Er warnte ihn vor den mit Glasscherben übersäten Straßen von Japan und setzte all seine Überredungskünste ein, um ihn zu überzeugen, Schuhe zu tragen. Abebe willigte schließlich ein, und Onitsuka beauftragte sofort seine besten Techniker, die leichtesten Laufschuhe der Welt für diesen berühmten Langstreckenläufer zu produzieren. Abebe Bikila gewann den Marathon und lief von nun an nur noch in Schuhen.

Unternehmensanteile für Mitarbeiter
Im Jahr 1958 feierte Onitsuka, der im Jahr zuvor die Marke „Tiger“ erworben hatte, das 10-jährige Bestehen seines Unternehmens auf ganz besondere Weise. Er hatte den Entschluss gefasst, Onitsuka nicht als Privatunternehmen zu führen, sondern seine Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen. Er verteilte 70 Prozent der Anteile auf seine Mitarbeiter. Die Hälfte des gesamten Kapitals ging auf Grund ihrer Leistungen kostenlos an ältere Mitarbeiter. Zwanzig Prozent des Kapitals wurde den jüngeren Mitarbeitern gegen Zahlung eines bestimmten Betrages angeboten.

Tigerstripes
Anfang der 60er Jahre wurde Kritik an dem verwechselbaren Design der Onitsuka Tiger-Schuhe laut. Die Gefahr, mit anderen Marken verwechselt zu werden oder sogar als Fake bezeichnet zu werden, war gross.

Mit den Tigerstripes wurde eine Lösung gefunden, die den Schuhen nicht nur ein eigenständiges Design gaben, sondern auch die Dynamik und Eleganz des von Kihachiro Onitsuka so geachteten Tigers widerspiegeln. Darüber hinaus verlieh ihre funktionelle Ausrichtung dem Schaft mehr Stabilität und dem Schuh insgesamt eine verbesserte Passform. Verwechslungen mit anderen Marken waren nun ausgeschlossen und der Siegeszug der Tigerstripes begann mit den Olympischen Spiele in Mexico 1968. Bereits im Vorfeld sorgten die neu designten Schuhe von Onitsuka Tiger für Aufsehen. Mexico 66, das Modell das noch immer in unzähligen Variationen erhältlich ist, erinnert bis heute an diese Geschichte.

Erfolge in den 70er
1970 wird TIGER zum ersten Mal die populärste Laufschuhmarke in den USA (auch Dank Phil Knight und Bill Bowerman, den späteren Gründern von Nike). Seit den Olympischen Spielen in München 1972, wo 80 % aller Volleyballer TIGER-Schuhe trugen, ist die Marke auch in Europa vertreten.

Legendär ist der Auftritt von Lasse Virén bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Er läuft zu Gold über 5’000 sowie 10’000 Meter. In der Siegerrunde streckt er voller Dank seine Onitsuka Tiger Runspark ist die Höhe, um der Welt das Produkt zu zeigen, dass ihn zum Sieg getragen hat. Bei den Olympischen Spielen 1976 in Montreal kann Lasse Virén seinen Doppelsieg wiederholen –  wiederum in Onitsuka Tiger Schuhen. 44 Jahre, d.h. seit seinen ersten Olympischen Spielen 1960 in Rom, war Mr. Kihachiro Onitsuka bei jeder Olympiade dabei, um die Tiger- und später ASICS-Athleten zu unterstützen. Bei den Olympischen Spielen von 2004 wurde ihm dann eine besondere Ehre zuteil: Er wurde auserwählt, die Olympische Fackel in Griechenland zu tragen. Zusammen mit der Läufer- Legende Rosa Mota trug er die Fackel 300 Meter durch das Stadtzentrum von Athen.

ASICS
Bereits Anfang der  70er Jahre erkannte der bis dahin auf  die Entwicklung von Sportschuhen spezialisierte Onitsuka die Notwendigkeit, auch eine Textilkollektion  anzubieten, um  u.a. auch  Nationalteams komplett ausrüsten zu können.

Zusammen mit GTO, einem Hersteller von Sportkleidung und Netzen und Jelenk, Hersteller von Strickwaren wurde in Vorbereitung auf die Olympischen Winterspiele in Sapporo ein regionales Vertriebsbüro auf einem Grundstück in der Nähe von Hokkaido eröffnet. Dies war der Ausgangspunkt eines historischen Zusammenschlusses, der den alten Traum von Kihachiro Onitsuka, eines Unternehmens für Sportartikel aller Art, wahr machen sollte. Nach jahrelangen Verhandlungen konnten die Verträge Ende 1976 unterzeichnet werden und im Jahr 1977 schlossen sich GTO, Jelenk und Onitsuka zu einem neuen, starken und progressiven Unternehmen zusammen. Auf der Suche nach einem geeigneten Namen, griffen die Gründer auf eine alte lateinische Redewendung zurück, die im perfekten Einklang mit der Firmenphilosopie stand und bis heute Bestand hat:

Anima Sana In Corpore Sano

Die Sportwelt begrüßte eine neue, viel versprechende Marke: ASICS.

Die bewegte und bewegende Vergangenheit spiegelt sich in der breiten Palette von Onitsuka Tiger-Schuhen wieder, von Schuhen, die – ob Laufschuh, Basketballschuh, Tennisschuh, Volleyballschuh oder Kampfsportschuh – Sportler wirklich ans Ziel gebracht haben und zu ihrer Zeit Einzigartiges geleistet haben. Kein Wunder also, dass sie heute wieder Spuren hinterlassen.

Fortsetzung folgt.

1 Comment
  1. […] Wer die ganze ASICS Geschichte lesen möchte, findet einen sehr informativen Beitrag auf kaizen.sport.ch. […]

    4. Dezember 2016 at 0:02

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